Gegengewichte

  • Hallo in die Runde,

    nachdem in Bitte melden Sie sich an, um diesen Link zu sehen. die Gegengewichte angesprochen wurden, gestatte ich mir, zu dieser Problematik, konkret zum Grund für den Versatz gegenüber der Kurbel, ein separates Thema zu eröffnen.

    In "Die Lokomotive", Seite 509 steht: "Da die Kurbeln beim Zweizylindertriebwerk um 90 Grad versetzt sind, muss der Schwerpunkt des Gegengewichtes um einen kleinen Winkel nach der Kurbel des gegenüberliegenden Rades zu geneigt sein.", ohne weitere Erklärungen.

    Im tschechischen Lokführerhandbuch steht gar nichts zu diesem Thema.

    Nun habe ich mir die Räder meiner dreizylindrigen Herzensdame angesehen:

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    Was man auf dem ersten Bild nicht gleich erkennt: der vordere Kuppelradsatz ist ein Austauschteil mit 20 Speichen (die anderen haben 19). Deshalb sind die Kuppelräder nicht vergleichbar und man kann somit keine Annahmen zu etwaigen anderen Gründen für den sichtbaren Unterschied der Gegengewichte machen.

    Alle Fotos sind bei gleicher Lokposition gemacht: Der Kurbel gegenüber liegt stets die Speiche links von der Vertikalen. Die gegenüber liegenden Kurbeln befinden sich "auf vier Uhr" rechts unten. Wie man sieht, sind die Gegengewichte tatsächlich in dieser Richtung versetzt, d.h. dem oben zitierten Satz entsprechend, und dieser gilt auch für Dreizylindermaschinen, also wohl allgemein.

    Von der rechten Lokseite kann ich im Moment nur das Treibrad bieten (die anderen Fotos habe ich im CRW-Format, das ich erst auf einem anderen Rechner umwandeln müsste), auch in der selben Lokposition:

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    Wie man sieht, sind die Gegengewichte auf beiden Seiten gegen den Uhrzeigersinn versetzt, d.h. wieder zur gegenüber liegenden Kurbel (oben knapp links neben der Vertikale). Der Versatz hat also nichts mit der vorrangigen Fahrtrichtung zu tun, wie Dietrich es im o.a. Thread annahm (und schon gar nicht mit dem Anfahrverhalten, dafür sind die nahezu ruhenden Massen der Gegengewichte, bzw. die von ihnen ausgeübten Kräfte, vernachlässigbar klein im Verhältnis zur Masse der Lok).

    Nur zur Vollständigkeit: Beide hinteren Kuppelräder sehen gleich aus, obwohl das linke zusätzlich die Gegenkurbel für den Mittelzylinder trägt, d.h. diese geringe zusätzliche Masse wird tatsächlich vernachlässigt.

    Soviel im Moment meinerseits zu diesem Thema, vielleicht kann ja noch jemand anderer etwas zum Verständnis der Sache beitragen.

    Schöne Grüße...
    Kristian

    • Offizieller Beitrag

    Kristian

    Fahrzeugräder und andere Drehkörper (z.B.Kurbelwangen von Kurbelwellen) können mehr oder weniger starke, zufällig oder konstruktiv bedingte Abweichungen von einer rotationssymmetrischen Gewichtsverteilung haben. Bei hohen Drehzahlen oder stärkeren, meist konstruktiv bedingten, Gewichtabweichungen ergeben sichUnwuchten, die auf Dauer zerstörende Wirkung haben können. In diesem Fall können am Rad bzw. Drehkörper angebrachte Ausgleichsgewichte dafür sorgen, dass die Rotationsachse so weit wie möglich identisch mit der Hauptträgheitsachse ist. Diesen Vorgang nennt man „Auswuchten“.

    Auch an Rädern von Dampflokomotivenwurden Gegengewichte zumMassenausgleich verwendet, wobei in diesem Fall nicht nur Asymmetrien der Radkörper sondern zusätzlich auch die an den Drehzapfen angelagerten schweren Kuppel- und Treibstangen mit „auszugleichen“ sind.

    Christian

    Das Licht am Ende des Tunnels könnte auch ein Zug sein !!! :D Ich bin der Fräser Eilig, was ich nicht fräs das feil ich.... Genitiv ins Wasser weil es Dativ ist :pinch:

  • Hallo Christian,

    das weiß ich natürlich, Du unterschätzt mich ;) Es ging mir um die Versetzung der Gegengewichte gegenüber der Kurbel, warum sie nicht genau gegenüber liegen - wollte mal ne plausible Erklärung dafür erfahren. Vielleicht könnte man das aus den von Dietrich eingestellten Dokumenten ableiten (dafür ist mir aber die Zeit zu schade), oder Stefan A könnte ein Simulationsprogramm schreiben ;)

    Eigentlich ist es nicht so wichtig, die Räder werden einfach nach dem Original hergestellt, wie sehr die Lok dann wankt und schlingert, ist eigentlich egal, wird schon nicht kritisch schlimm sein. Ich verstehe nur halt gerne die Welt um mich...

    Kristian

    • Offizieller Beitrag

    Kristian,

    all diese "Änderungen" hängen mit dem Massenausgleich zusammen.
    Es hat sich gezeigt das Lokomotiven, besonders die, die einen sehr verwindungsteifen Rahmen und einen guten Massenausgleich haben, dieses mit hoher Zugkraft und weniger schleudern danken.So weit meine Gedanken zum schlingern, was ich unter alle Umständen an meiner Lok vermeiden will. Denn das ist nicht egal!!!!

    Gruß
    Christian

  • Christian

    schön abgeschrieben den Text. ^^

    @Kristian

    Das die Gewichte versetzt sind hat was mit den hin-und hergehenden Massen der Kolben zu tun.
    Da wir 90 Grad Kurbelversatz haben bei einer 2 Zylinder gleichen sich die Massen der Kolben nicht gegenseitig aus.
    Darum der Versatz der Gegengewichte.
    Und ein alter Lokführer hat mir mal erzählt das nur ca. 1/3 der hin- und hergehenden Massen ausgeglichen wird, weil man sich bei mehr Massenausgleich nur wieder neue Probleme schaffen würde.

  • Hallo Christian,

    die Auswirkungen des Schlingerns auf Zugkraft und Schleuderverhalten durch die dynamisch schwankende Achslast sind mir nicht eingefallen - danke :thumbup:

    Kristian

  • Da wir 90 Grad Kurbelversatz haben bei einer 2 Zylinder gleichen sich die Massen der Kolben nicht gegenseitig aus.

    Hallo Harzbahner,

    das lasse ich mir mal ausführlicher durch den Kopf gehen, danke für den Denkanstoß! Hatte bislang immer nur eine Lokseite im Kopf, nicht das Zusammenspiel beider.

    Kristian

    • Offizieller Beitrag

    Hi Kristian,

    nichts zu danken. Und jetzt Schluss mit Theorie, ab in die Werkstatt.
    Wie läuft es denn bei dir ? Gibt es was neues nach den Peilstangen?

    Frohes Schaffen
    Christian

  • Hallo Christian,

    bei mir geht alles soooo langsam, wofür ich zwei Tage schätzen würde, das dauert 2 Wochen, an allen Enden und Ecken fehlt immer wieder was, die Maschinen machen immer noch Sperenzeln...

    Na ja, muss hoffen, endlich mal in Fahrt zu kommen...
    Kristian

  • Nabend
    das mit den Gegengewichten ist ganz einfach.
    Die gegenüberliegenden Gegengewichte sind 2 Grad zu Zapfen hin versetzt.
    Diese Erfindung sollte vermeiden, bzw verringern, das die Loks im Totpunkt stehen bleiben, durch die leicht unrunden Massen, die ja immer nach unten auspendeln wollen.
    Bei den ganz alten Loks, sind die Gegengewichte noch im 180 Grad Winkel zum Zapfen.
    Außerdem wirkt sich während der Fahrt der bessere dynamische Lauf aus, bei den auftretenden Kräften beim Wechsel im hinteren und vorderen Totpunkt aus.
    Quasi das "Humpeln" beim Wechsel der Kolbenkraft wird verringert.


    zu den Ausgleich der Gegengewichte, Die Gegengewichte gleichen in etwa die Kuppelstangen aus und 2/3 der Treibstange.

    Gruß Martin

  • Diese Erfindung sollte vermeiden, bzw verringern, das die Loks im Totpunkt stehen bleiben, durch die leicht unrunden Massen, die ja immer nach unten auspendeln wollen.

    Hallo Martin,

    ich dachte immer, das Totpunktproblem wäre durch die 90-Grad-Versetzung der Triebwerke erledigt. Ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass die paar Dutzend Kilo Gegengewicht, durch die minimale Winkelversetzung reduziert auf einen Bruchteil (Sinus von 2 Grad), sich auf die Dutzende Tonnen schwere Lok mit der entsprechenden statischen Reibung irgendwie auswirken.

    Im Moment habe ich keine Zeit, mir darüber viel den Kopf zu zerbrechen, aber den Grund ahne ich irgendwo darin, dass die vom Kolben usw. beim Richtungswechsel auf einer Lokseite auftretenden Kräfte durch die Wirkung des Gegengewichts auf der anderen Seite kompensiert werden sollen, um die horizontalen Drehbewegungen der Lok zu reduzieren. Das könnte man modellieren, die dafür notwendige Zeit werde ich aber lieber in mein Projekt investieren - so sehr drückt mich dieses Problem nicht ;)

    Schöne Grüße...
    Kristian

  • Oh doch, das passiert öfters mit unseren Loks, ds man im Totpunkt stehen bleibt.
    da hilft dann nur kurz die Steuerung in Gegenrichtung drehen und Dampf geben, und ein wenig in Gegenrichtung rollen, so ds die Dampfkanäle wieder frei gegeben werden.

  • Sprichst Du jetzt von 1:1 oder unseren Maßstäben?

    Wie dem auch sei: Ist der eine Kolben im Totpunkt, ist der andere in der Mitte und der dazugehörige Schieber voll offen. Wie kann dann passieren, dass die Lok nicht anläuft?

    Dank und Gruß...
    Kristian

  • Hallo in die Runde,
    ich frage mal recht unbedarft, kann es seien dass in Orginal die Verwinkelung bei Zweizylindermaschinen nicht 90 Grad sondern knapp drunter war? ( ich ab' da irgentwie eine Zahl von 89 oder 87 Grad im Kopf)
    Einen schönen feiertag vom sonnigen Niederrhein
    Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,
    ich drücke es mal etwas allgemein aus und sage, dass ist so etwas wie der Frühzündung beim Verbrennungsmotor. Durch die Drehbewegung und damit verbundenen Fliehkräfte treten diese etwas versetzt zur tatsächlichen Stellung der Räder auf. Haben wir keinen Fachmann, der es auf den Punkt bringt?
    Grüße
    Wolfgang

    † 2017

  • Haben wir keinen Fachmann, der es auf den Punkt bringt?

    Hallo in die Runde,

    ich habe gestern Abend eine Mail nach Meiningen geschickt, mal sehen, was das ergibt... ;)

    Noch zum oben erwähnten optimalen Zustand: Ich könnte mir vorstellen, dass in 45-Grad-Stellung der Kurbeln bei kleiner Auslegung der Steuerung keiner der Schieber öffnet und die Lok somit nicht anläuft - kann das sein, Fachleute?

    Kristian

  • Hallo Wolfgang,
    ich drücke es mal etwas allgemein aus und sage, dass ist so etwas wie der Frühzündung beim Verbrennungsmotor. Durch die Drehbewegung und damit verbundenen Fliehkräfte treten diese etwas versetzt zur tatsächlichen Stellung der Räder auf. Haben wir keinen Fachmann, der es auf den Punkt bringt?
    Grüße
    Wolfgang

    Hallo Wolfgang die Frühzündung beim Motor hat eine ganz andere Bedeutung ;)
    das ist ein lustiger Threat hier ich bin mal gespannt ob sich "DER" Fachmann mal meldet.
    @ Kristian Spitze, du belebst das Forum :-)))))

    Ist doch alles nur ein Hobby...