Ein Laufsteg für die Lady

  • Derzeit habe ich ein "Pflegekind" in Arbeit, das mir vor zwei Jahren zugelaufen ist. Mittlerweile bin ich so weit, dass die Lady aka "No. 7" wieder mit Druckluft läuft. Fahren kann ich aber noch nicht, weil der Tender fehlt und noch auf den Bau wartet. Über die bisherigen Arbeiten an der Lady muss ich hier auch noch ein paar Zeilen schreiben....

    Um die Steuerung und die ganze Lok mit Druckluft und auch unter Dampf prüfen zu können, musste ein Prüfstand her. Außerdem ist es leichter, einen Fehler vor Ort zu beseitigen als erst 100 km zur Anlage zu fahren, um dann festzustellen, dass ein O-Ring defekt ist, der natürlich in der WErkstatt liegt....

    Für meine EIGER habe ich in grauer Vorzeit unter Verwendung einer Fernseher-Drehscheibe (wer erinnert sich noch daran?) einen einfachen Rollenstand gebaut:

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    Damit habe ich die EIGER auch unter Dampf betrieben (das sieht man glaube ich noch), und ich kann die EIGER auch um 360° drehen, so ganz zufrieden war ich mit dieser Lösung aber nie. Außerdem ist die Lady fast doppelt so lang wie die EIGER und hat mehr Beine...

    Zuerst hatte ich an so etwas gedacht, wie es KM1 anbietet. Das wäre die noble Variante meiner Drehscheibe. Ich wollte aber, dass die Lady nicht nur rollt, sondern auch belastet werden kann. Deshalb blieb nur die etwas aufwändigere Lösung.

    Vor Jahren (besser Jahrzehnten) hatte ich mir in der Lehrwerkstatt meiner damaligen Firma zwei 5 kg-Hantelscheiben abdrehen und mit einer Buchse versehen lassen. Damit wollte ich eigentlich mal einen Belastungswagen bauen, das Projekt kam aber über ein paar Gedanken nicht hinaus. Jetzt können sie endlich sinnvoll eingesetzt werden. Die Hantelscheiben haben einen Durchmsser von 210 mm. Als Rollen für die Treibräder habe ich mir aus der Bucht Scheiben mit 110 mm Durchmsser und 12 mm Stärke aus St 37 (plasmageschnitten) besorgt:

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    Aus Vierkantrohr 15 x 30 mm habe ich dann zwei Seitenwangen zusammengeschweisst:

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    Mit Querstreben sieht das dann so aus:

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    Nachdem ich die Scheiben abgedreht hatte, habe ich sie auf Wellen aufgepresst, die in Stehlagern gelagert werden. Zur Kraftübertragung ist auf einer Seite ein Zahnriemenrad aufgesetzt. Auch das Schwungrad und Umlenkrollen sitzen auf Wellen, die in Stehlagern gelagert werden. Schon in ein Gehäuse aus 9 mm-Siebdruckplatten eingesetzt, sieht das dann so aus:

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    Hier ein Detail der Zahnriemenführung. Durch die Zahnriemenräder ergibt sich eine Übersetzung von 1 : 5. Die Alu-Schiene über dem unteren Zahnriemen verhindert, dass der bei Schwingungen mit dem gegenläufigen Teil des Zahnriemens in Kontakt kommt:

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    Die ganze Sache sieht dann so aus, die Lok steht mit den Treibrädern auf den Rollen:

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    Die Lady wird an der Tenderkupplung angehängt und kann dadurch nicht entweichen:

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    Wenn schon mal die Gelegenheit da ist, wäre es natürlich schön, wenn man auch wüsste, wieviel Zugkraft am Haken anliegt. Dazu habe ich eine ALDI-Kofferwaage geschlachtet und die Wägezelle ausgebaut. Dann noch eine Aufnahme für den Befestigungsbock gefräst, und schon ist der Kraftsensor (fast) fertig:

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    Und so sieht es aus, wenn die Lady auf dem Laufsteg steht:

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    ... und das ganze in Aktion

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    Jetzt fehlt nur noch die Bremse und die restliche Sensorik mit Auswertung, da habe ich auch schon Ideen...

  • Ich frag mich grad, wer hir im Forum den nächsten Preis als durchgeknalttester Typ absahnt

    Hallo,

    was heißt hier abgeknallt??? :D Das ist doch ein Grundwerkzeug, wenn man seine Lok wirklich testen will... ;)

    Die Zugkraftmessung ist in dieser Anordnung allerdings nur bedingt aussagekräftig, da die Lok praktisch im Leerlauf betrieben wird. Für "echte" Werte fehlt an der "Schwungscheibe" ein Motor mit 4-Quadrantenregler, der im Bremsregime einen geeigneten Lastwiderstand (oder Batterie) speisen würde. Aus Strom- und Spannnungsmessung lässt sich dann die abgegebene Leistung ermitteln (vorbehaltlich unbekannter Verluste durch die Zahnriemen). Durch Regeln des Motors kann man die gewünschte Last -> Zugkraft am Haken einstellen.

    Im Antriebsregime kann man auch Leerlauf (z.B. Funktion von Schnüffelventilen oder Trofimoffschiebern) sowie Bremsverhalten prüfen.

    Eine Herausforderung stellt ein an verschiedene Loks anpassbarer Prüfstand dar. Dafür muss die Lok beim Aufrollen auf den Prüfstand nur mit den Spurkränzen auf innen liegenden Winkeln laufen, die Laufrollen können dadurch außerhalb dieser Winkel an die beliebige Stellen verschoben werden (samt Stützen für die Winkel, da feste Stützen im Wege wären). Die Spurführung bei Betrieb ist durch außen liegende, horizontal an die Radringe anliegende Führungsrollen zu gewährleisten.

    Noch zur Zugkraftmessung: Wichtig ist, dass die Räder stets auf dem höchsten Punkt der Rollen aufliegen, sonst wird die Messung durch die Kraftteilung der Achslasten verzerrt.

    All diese Ideen sind schon vor Jahren in schlaflosen Nächten entstanden, als ich überlegte, wie ich eines Tages meine fertige Lok testen könnte. Na ja, wird wohl beides nix... :(

    Gruß

    Kristian

  • Ja, ich weiss schon, dass ich mir da mehr Arbeit als nötig mache, aber wenn sich mal so 'ne Idee im Kopf festgesetzt hat, dann muss es halt sein ...:)

    Zur Messtechnik: Die Treibräder stehen natürlich senkrecht auf den Rollen, die horizontale Lage kann ich durch das Spannschloß der Kupplung jederzeit nachjustieren. Wegen der Belastung bin ich noch in einer "Findungsphase". Ein Elektromotor wäre zwar grundsätzlich geeigent, leider haben die, die ich derzeit 'rumliegen habe, doch ein recht ausgeprägtes Rastmoment (wird durch das magnetische Feld der Erregermagneten in Verbindung mit den Polschuhen des Ankers hervorgerufen). Ich bin da noch auf der Suche nach einem geeigneteren Motor. Hier käme grundsätzlich so etwas wie ein Faulhaber-Motor mit eisenlosem Anker in Frage. In meiner Lüftungsanlage im Haus sind solche Motoren verbaut, die hätten auch die richtige Leistung, aber da mache ich mir vermutlich keine Freunde, wenn ich einen "zweckentfremde"... ;)=O

    Die Leistung möchte ich nicht aus der am Elektromotor abgenommenen Leistung ermitteln (dazu sind viel zu viele unbekannte Verluste in der Mechanik / Elektrik vorhanden), sondern aus der Drehzahl und der gemessenen Zugkraft am Zughaken berechnen.Wenn man die Sache weiter spinnt, könnte man mit zwei zusätzlichen Wägezellen auch den Kohle- und den Wasserverbrauch über eine definierte Zeit messen und dann den Wirkungsgrad bestimmen. Das, gebe ich zu, wäre dann wirdlich durchgeknallt ...:wacko:

    Gruß

    Andreas

  • Servus Andreas!

    Also ich habe da irgendwo einmal gelesen, daß die eisenlosen Ankermotoren (Glockenanker)
    sich nur bedingt mit PWM steuern lassen, d.h. die Lebensdauer des Motors dadurch wesentlich verkürzt wird.
    Ob das stimmt weiß ich allerdings nicht.
    ich habe daher einen Eisenankermotor als Antrieb genommen.

    Viele Grüße
    Willy

  • Hallo Andreas,

    über Details wie Rastmoment habe ich nicht nachgedacht, zumal ich zwar Regeltechnik studiert habe, aber über keinerlei Erfahrung mit den heutigen Motoren und Steuerungen verfüge - das wäre eher eine Frage an die Elektrofahrer hier, vielleicht könnte ja jemand etwas dazu schreiben oder gar leihweise einen Antrieb für einen Versuch zur Verfügung stellen ;) . Der Motor wäre in der Anordnung sowieso das aktive Glied, d.h. würde auf eine bestimmte Drehzahl geregelt, wobei er dann je nach Stellung des Dampfreglers entweder als Antrieb (Lokräder werden mitgezogen, quasi Bergabfahrt) oder als Bremse agiert (Last der Lok). Das Rastmoment kommt wohl sowieso nur beim Anlauf zur Geltung und würde "bei Fahrt" durch das Trägheitsmoment der Schwungscheibe und sonstigen rotierenden Massen geglättet.

    Gruß

    Kristian

  • Hallo Andreas,

    sehr gute Umsetzung einer faszinierenden Idee. Aus Deinen Worten entnehme ich, dass Du Dich wohl noch nie mit einem Fahrradergometer "auseinandersetzen" musstest. Die haben zum einen passende Schwungscheiben mit ausreichender Masse und zum anderen je nach Typ sehr feinfühlig regelbare elektrische/elektronische Bremsen, womit einige "Spielereien" möglch sind.

    Schlußendlich sind das aber alles nur mehr oder weniger nützliche Hilfsmittel. Das Kriterium der Wahrheit der eigenen Annahmen ist immer das "Herumkutschen" mit dem eigenen Fahrzeug.

    Ich habe mich auch mit dem Gedanken getragen, einen derartigen Rollenprüfstand für meinen MARTIN zu bauen, fand es dann aber einfach spannender, "aufzusitzen" und einige mehr oder weniger stark geneigte "Rampen" zu erklimmen. Vor allem die Anwesenheit von skeptischen Zeugen - "Na der bleibt doch bestimmt auf der Hälfte hängen!" - kann wahre Wunder bewirken und ein üblicherweise schnurrendes Triebwerk in ein bellendes Ungeheuer verwandeln.

    Du könntest übrigens mal versuchen, die Schwungmasse mittels Wirbelströmen zu bremsen. Dafür eignen sich Magnete aus großen Festplatten recht gut.

    Viele Grüße

    von einem begeisterten Dietrich

    Feinblechner können machen aus feinen Blechen feine Sachen.

    Einmal editiert, zuletzt von Dampfspieler (1. Mai 2019 um 22:45)

  • Das Kriterium der Wahrheit der eigenen Annahmen ist immer das "Herumkutschen" mit dem eigenen Fahrzeug.

    Hallo Dietrich,

    klar, das ist die finale Bewährung, aber z.B. Druckverluste messen, Bläserdüse optimieren u.Ä. geht auf einem Prüfstand halt besser ;)

    Gruß

    Kristian

  • Hallo Dietrich,

    an eine Wirbelstrombremse wie bei einem Ergometer hatte ich auch schon gedacht. Dazu bräuchte ich aber einen Alu-Ring auf der Oberfläche der Schwungscheibe, denn der Widerstand von Gusseisen ist zu groß, als dass sich nutzbare Wirbelströme ausbilden würden. Ich werde jetzt erst mal einen Versuch mit einer Bandbremse machen, die Schwungscheibe dürfte genügend Wärmekapazität haben, um die Verlustwärme aufzunehmen.

    Natürlich fahre ich auch lieber auf der Anlage, aber, wie ich schon Eingangs geschrieben habe, zur Inbetriebnahme der Lok und auch nach größeren Instandsetzungen ist es für mich einfacher, wenn ich den Test im Garagenhof machen kann. Bei den bisherigen Versuchen hab' ich auch schon "Verbesserungspotenzial" bei der Lady gefunden. Die Treibstangenlager müssen dringend überarbeitet werden, beim einfachen Lauftest mit aufgebockten Treibrädern ist mir das nicht aufgefallen. Auch auf der Strecke hätte ich das eher übersehen.

    Bei Youtube habe ich noch ein Video von einem englischen Leistungsprüfstand in 1:1 gefunden:

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    Grüße

    Andreas